00:00 - 23:59
Martinsschloss
56112 Lahnstein
Neben ihrer Funktion als Zollburg diente die in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts errichtete Martinsburg den Mainzer Erzbischöfen als Stadtburg und Rückzugsort; durch einen Wassergraben war sie vom Stadtraum abgetrennt.
Die mehrfach erweiterte Anlage ist vollständig erhalten geblieben, es fallen besonders der gotische Hauptturm an der Südecke und der jüngere, daran anschließende Barockbau aus dem 18. Jahrhundert ins Auge. Um 1500 wurden Wohnbauten erneuert, sodass große Teile der Anlage Renaissanceelemente aufzeigen. Heute beherbergt das Martinsschloss neben Privatwohnungen und Geschäftsräumen ein Fastnachtsmuseum, zudem können Außenanlage und Park besichtigt werden. Um das Schloss und im Innenhof werden szenische Führungen angeboten.
Ausführliche Beschreibung:
Schloss Martinsburg hieß früher „des Erzbischofs Zollhaus oder Zollschloß“. Es diente zum Schutz des Rheinzolles, da es unmittelbar am Rhein gelegen ist.
Errichtet wurde die Burg Ende des 13. Jahrhunderts von Erzbischof von Mainz Gerhard von Eppenstein (1289-1305). Zuerst wurde der 28 m hohe Hauptturm gebaut, der die Südwestecke der Stadtmauer, die damals begonnen wurde, bildete. Vom Hauptturm aus hatten die Wächter eine gute Sicht auf den Rhein und die Landseite. Der Turm ist sechseckig und aus Bruchsteinmauerwerk gebaut. Er beinhaltete fünf Stockwerke. Die oberen Stockwerke verfügten über gotische Kamine und Sitzbänke in Fensternischen. Die Wehrplatte befand sich im obersten Stockwerk, darunter, vermuten Michel/Bucher (1982), soll es eine Kammer für „Pulver, Armbrust und Pfeile“ (ebd.) gegeben haben. Nördlich des Hauptturms befand sich eine Wohnung für den Zollschreiber, dessen Eingang auf der Rückseite lag.
Das Gebäude, in der sich die Wohnung befand, wurde „die alte Burg“ genannt. Neben dem Hauptturm gab es noch den Weinsberger Turm, der mit einem Verlies ausgestattet war.
Die Martinsburg, die in Oberlahnstein auch als Martinsschloss bezeichnet wird, wurde im Laufe der Jahre stetig erweitert oder umgebaut. Neben den Wohngebäuden verfügt es über einen Garten, der von einer Mauer umgeben ist. Der letzte große Umbau des Zollschlosses fand von 1789 bis 1790 statt.
Die sogenannte „Zollgasse“ wurde Mitte des 15. Jahrhunderts nach der Trockenlegung des Grabens nördlich des Martinsschlosses angelegt. Neben dem Zollpersonal wohnten auf der Martinsburg noch weitere Personen, darunter der Büchsenmeister, der das Geschütz auf der Burg und den Türmen beaufsichtigte und für die Instandhaltung sorgte. Er hatte die Aufgabe alle acht Tage die Tore im Schloss zu prüfen und die vier Türme, die von Bürgern bewacht wurden zu kontrollieren.
Darüber hinaus gab es noch den Pförtner der inneren Schlosspforte. Er war für die Instandhaltung des Brunnens in der Küche zuständig sowie in der Badestube. Neben dem inneren Pförtner gab es einen äußeren Pförtner, der die Aufgabe hatte, keine Fremden in die Burg hinein zu lassen. Nach dem Läuten des „Avémarias“ in der Pfarrkirche und in der Burg selbst sollten die Turmwächter zur ihrem Wachposten gehen und ihn erst nach dem „Avemaria“ der Frühmesse verlassen. Tagsüber stand ein Zollwächter auf dem großen Turm sowie auf dem Weinsberger Turm. Der Zollwächter des großen Turms hatte die Aufgabe, die Schiffe und die „Reisigen“ (Reisende) zu beobachten. Der Wächter auf dem Weinsberger Turm sollte auf die Gefangenen achten. Nur der innere Pförtner hatte das Recht, ihnen etwas zu reichen. Dem Zollschreiber musste alles gemeldet werden.
Der Schlossbäcker war für das leibliche Wohl der Schlossbewohner zuständig. Wenn er das Schloss für kurze Zeit verlassen wollte, musste er zunächst eine Genehmigung vom Zollschreiber erhalten. Der Bäcker durfte keine Wirtshäuser besuchen, sondern nur mit ehrbarer Gesellschaft unterwegs sein. Der Schlossbender war für die Weine des Erzbischofs von Mainz zuständig. Er sollte den Wein herbringen und einschenken. Für das Wohl der Tiere waren die Wagenknechte zuständig. Die Schlossmagd wusch die Tischtücher, was früher ziemlich aufwendig war, weil die Menschen das Fleisch mit den Fingern aßen. Die Schlossmagd sorgte sich auch um den Garten.
Die Martinsburg verfügte über eine Kapelle, welche dem heiligen Bartholomäus geweiht wurde. Wie auch die Burg Lahneck, hatte auch die Martinsburg Burgmannen, die sich für den Schutz der Zollburg sowie der Stadt Oberlahnstein verpflichteten. Graf Wilhelm von Katzenelnbogen und Graf Diether von Katzenelnbogen waren zwei der ersten Burgmänner.
Spiegelzimmer
Das Spiegelzimmer befindet sich im ersten Obergeschoss der Martinsburg. Durch die Fenster kann man den Rhein sehen. An jeder Wandseite gibt es Spiegel, die exakt die gleiche Größe haben, wie die gegenüberliegenden Spiegel. In den Spiegelzimmern wurden in großen Rechteckfeldern an den Seitenwänden figürliche Szenen dargestellt. Diese Wandgemälde wurden erst 2002 entdeckt, da sie mit Baumaterial verdeckt waren und nur mit aufwendiger, jahrelanger Feinarbeit zum Vorschein kommen konnten. „Höhepunkt der dekorativen Ausstattung sind die beiden vielfigurigen Rundbilder der Seitenwände.
Die Tondi werden von Palmettenkränzen mit langen goldblauen Schleifen eingefasst. Die Kränze werden an den Bildrändern von antikisierenden Blütengirlanden begrenzt, die u.a. mit Rosetten, stilisierten Sternen, Lilien und Schellen besetzt sind und damit in der Tradition von Kandelabergrotesken stehen. Der graue Hintergrund differiert farblich: Während der der Südwand durch eine violettgraue Untermalung zu Graublau tendiert, changiert der der Nordwand durch das unterlegte stumpfe Orangerot zu Lila“. Das Wandgemälde an der Südwand zeigt einen Flussgott, möglicherweise „Vater Rhein“, der in einer Muschel schwebt. Jugendliche Tritonen (Mischwesen, Meeresgötter der griechischen Mythologie) sind um die Muschel gruppiert. Einer von ihnen trägt ein Ruder. Häufig wird das Ruder bei der Personifikation des Rheins aufgeführt. Es symbolisiert die Schiffbarmachung des Rheins. Das Wandgemälde an der Nordwand zeigt eine nackte Flussgöttin. Dabei kann es sich um die Personifikation der Lahn (Fluss) handeln. Die Flussgöttin wird von zwei Tritonen getragen. Der Stil der Wandgemälde verdeutlicht, dass diese entstanden sein mussten, als die Martinsburg ihre Besitzer wechselte (Ende 18. Jahrhundert). „So finden sich die Vorbilder des Oberlahnsteiner Dekorationssystems - z. B. rahmende Arabesken und Grotesken, aber auch Fasces - in weit verbreiteten französischen Stichwerken der Zeit (…)“ (ebd., S. 125). Zudem waren die Nassauer Fürsten, die nach dem Mainzer Kurfürst die Martinsburg in Besitz nahmen, bei politischer Betrachtung von Napoleon abhängig.